Dienstag, 7. Januar 2014

Wasseranalysen zeigen, was Ärzte verschreiben

Kommentar:
Da wird wohl "nur" die Hilfe zur Selbsthilfe nützen. Ich vermute sehr stark, dass Arzneimittel mit Hilfe von Chlordioxidwasser ( z.B.:  CUW) oxidiert werden können. Aber das wäre der Gegenstand von Studien, für die zuständigen Stellen vermutlich kein geld bringen können oder wollen.
( w.st.)







http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article121881755/Wasseranalysen-zeigen-was-Aerzte-verschreiben.html

Wasseranalysen zeigen, was Ärzte verschreiben

Schmerzmittel, Antiepileptika, Betablocker, Antibiotika: Rückstände von Arzneimitteln können im Trinkwasser nachgewiesen werden - doch aufgespürt wird nur, was auch gezielt gesucht wird. Von Anja Garms

Trinkwasser in Deutschland gilt als besonders sauber: Allerdings können herkömmliche Kläranlagen nicht verhindern, dass Medikamentenrückstände bis ins Trinkwasser gelangen


Trinkwasser in Deutschland gilt als besonders sauber: Allerdings können herkömmliche Kläranlagen nicht verhindern, dass Medikamentenrückstände bis ins Trinkwasser gelangen
Im Jahr 2012 wurden 1335 Millionen Packungen von Medikamenten in deutschen Apotheken verkauft; mehr als 3000 verschiedene Wirkstoffe sind in Deutschland zugelassen. Wir alle profitieren – gelegentlich oder dauerhaft – davon, dass es so viele und in der Regel so wirksame Medikamente gibt.
Allerdings hat die gute medizinische Versorgung eine unerwünschte Nebenwirkung: Rückstände der Medikamente finden sich in Gewässern und im Grundwasser. Teilweise sind selbst im Trinkwasser noch Spuren der Arzneimittel nachzuweisen.
Sie gelangen hauptsächlich mit den Abwässern aus Privathaushalten dorthin. Und das lässt sich zum Großteil auch kaum vermeiden: Viele Medikamente werden vom Körper nur unvollständig aufgenommen. Ein Teil der Substanzen oder ihre Stoffwechselprodukte werden wieder ausgeschieden.
Hinzu kommt, dass viele Menschen alte oder nicht mehr benötigte Medikamente einfach in die Toilette oder die Spüle kippen – oft ohne sich möglicher Umweltfolgen bewusst zu sein.
Die meisten Arzneistoffe sind chemisch sehr stabil. Sie sollen im Körper schließlich nicht zerfallen, bevor sie ihren Wirkort erreicht haben. In der Umwelt wird diese Stabilität zum Problem, da die Stoffe nicht oder nur sehr langsam abgebaut werden.

Von jeder Sorte etwas

Und auch herkömmliche Kläranlagen entfernen die Rückstände oft nicht oder nicht vollständig aus dem Abwasser. So gelangen sie schließlich in die Oberflächengewässer, ins Grundwasser und zum Teil auch ins Trinkwasser.
Dort findet sich dann "von jeder Sorte etwas", sagt Uwe Dünnbier. Er fahndet bei den Berliner Wasserbetriebennach Arzneimittelrückständen in Gewässern.
Zu den am häufigsten nachgewiesenen und schlecht entfernbaren Stoffen gehören Schmerzmittel wie Diclofenac, die Antiepileptika Carbamazepin und Gabapentin, Betablocker sowie verschiedene Antibiotika. Zum Teil könne man allein anhand des Abwassers auf die Verschreibungspraxis der Ärzte rückschließen, sagt Dünnbier.
Im Vergleich zur Zahl unterschiedlicher Wirkstoffe sind erst wenige Stoffe in Oberflächengewässern nachgewiesen, nach Angaben des Umweltbundesamtesetwa 170. Das liegt vor allem daran, dass bisher für jede Substanz ein eigenes Testverfahren entwickelt werden muss – und damit nur das aufgespürt wird, was gezielt gesucht wird.

Viele Experten sehen keine Gefahr

"Aber die Messmethoden werden immer besser", sagt Dünnbier. So würden zunehmend sogenannte non-target-Methoden zum Einsatz kommen, die auch vorher nicht definierte Rückstände im Wasser aufspüren könnten.
Was auch immer gemessen wird – die Konzentration der Stoffe sei gering: "Wir messen im Nanogramm- oder unteren Mikrogrammbereich", sagt Dünnbier. Angesichts dieser geringen Belastung sehen viele Experten keine Gefahr für den Menschen.
Ein Nanogramm pro Liter – das entspricht der Menge eines Zuckerwürfels in einer Talsperre mit 2,5 Milliarden Litern Fassungsvermögen, sagt etwa der Verband forschender Arzneimittelhersteller in einem Positionspapier.
Die gefundenen Rückstände lägen viele Zehnerpotenzen unter der Wirkungsschwelle für den Menschen und Modellrechnungen zeigten, dass selbst bei lebenslanger "Einnahme" des Trinkwassers die aufgenommenen Konzentrationen höchstens wenigen Tagesdosen eines Medikaments entsprächen.

Verweiblichung von Fischen

Allerdings belegen verschiedene Studien, dass Fische und andere Wasserlebewesen durchaus unter dem Medikamentenmix im Wasser leiden können.
So zeigten schwedische Forscher kürzlich in Laborexperimenten, dass Rückstände des Medikamentes Diazepam, das beim Menschen zur Behandlung von Angststörungen eingesetzt wird, Flussbarsche mutiger machen. Sie verließen ihre Verstecke, waren aktiver und fraßen mehr. Das könne ernste Konsequenzen für das Ökosystem haben, warnten die Forscher.
Andere Wissenschaftler hatten gezeigt, dass umweltrelevante Dosen verschiedener gängiger Medikamente, unter anderem des Schmerzmittels Diclofenac, bei Karpfen und Forellen zu einer Schädigung von Leber und Niere führten.
Im Freiland beobachtete Fruchtbarkeitsstörungen und die Verweiblichung von Fischen und Fröschen führen Experten auf Rückstände von Hormonen im Wasser zurück.
Und so bleibt, obwohl bisher keine schädlichen Auswirkungen auf den Menschen festgestellt wurden, ein Unbehagen. "Im Moment weiß das einfach keiner", sagt Anke Putschew, Leiterin des chemischen Labors am Fachbereich Wasserreinhaltung der TU Berlin. "Es ist einfach sehr, sehr schwer, bei diesen geringen Konzentrationen eine Aussage über die Wirkung zu treffen".

Substanzmix mit unklarer Wirkung

Hinzu komme, dass im Wasser eben nicht nur ein einzelner Stoff, sondern oft eine ganze Palette von Stoffen zu finden ist. Wie diese zusammenwirken, sei derzeit völlig unklar.
Putschew ist, wie viele andere Experten auch, der Ansicht, dass schon allein aufgrund des Vorsorgegebotes Rückstände aus dem Abwasser entfernt werden sollten. "Diese Stoffe gehören einfach nicht dorthin."
Derzeit gibt es allerdings keine Grenzwerte für Arzneimittelwirkstoffe, weder für Oberflächengewässer noch für Grund- oder Trinkwasser. Damit besteht erst einmal kein konkretes Handlungsgebot.
In der überarbeiteten Richtlinie über Umweltqualitätsnormen (UQN-RL) der EU sind in diesem Jahr erstmals drei Arzneistoffe in eine sogenannte Beobachtungsliste aufgenommen worden: zwei Hormonpräparate und das Schmerzmittel Diclofenac. Von 2015 an wird die Konzentration dieser Stoffe nun europaweit an Hunderten Standorten gemessen.

Abwässer mit Aktivkohle behandeln

In die "Liste prioritärer Stoffe" wurden die Stoffe hingegen vorerst nicht aufgenommen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass Grenzwerte festgelegt und eingehalten werden müssen. Stattdessen beauftragten der Europäische Rat und das Parlament die EU-Kommission, binnen zwei Jahren eine Strategie zu entwickeln, wie die Umweltrisiken durch Arzneimittel begrenzt werden können.
Grundsätzlich ist es möglich, Arzneistoffe an den Kläranlagen aus dem Abwasser zu entfernen. Dazu müssen diese allerdings mit einer vierten Reinigungsstufe ausgerüstet werden, in der die Abwässer zum Beispiel mit Aktivkohle behandelt werden.
"Ein Großteil der Substanzen kriegt man damit aus dem Abwasser heraus", erläutert Uwe Dünnbier. "Aber nicht alle." Eine weitere Möglichkeit besteht in der Behandlung mit Ozon.
Dabei werden die Inhaltsstoffe oxidiert und in andere Stoffe umgewandelt. Das Problem ist, dass man nicht weiß, wie sich diese Umwandlungsprodukte in der Umwelt verhalten.

Besser vermeiden als aufwendig reinigen

Besser noch als eine aufwendige Reinigung des Abwassers wäre es, eine Belastung der Gewässer von vornherein zu vermeiden. Das Umweltbundesamt etwa fordert, mögliche schädliche Auswirkungen auf die Umwelt bei der Zulassung neuer Medikamente stärker zu berücksichtigen.
"Derzeit gibt es für neue Wirkstoffe zwar eine Umweltrisikobewertung", erläutert Riccardo Amato vom UBA. "Aber selbst wenn eine Gefahr für die Umwelt festgestellt wird, kann die Zulassung aus Umweltgründen nicht versagt werden."
Einzige Handhabe sei momentan, die Zulassung von Medikamenten an Auflagen zu koppeln, wie zum Beispiel, einen gesonderten Entsorgungshinweis auf dem Beipackzettel zu vermerken.
Andere Wissenschaftler fordern, schon bei der Entwicklung von Medikamenten die Umweltwirkung zu berücksichtigen. "Im ersten Moment klingt das utopisch", sagt etwa der Chemiker Klaus Kümmerer. "Aber meiner Meinung nach ist das machbar, die Instrumente sind vorhanden. Es ist eine Frage des Denkens und des Wollens".
Kümmerer ist Professor für Nachhaltige Chemie und Stoffliche Ressourcen an der Leuphana Universität Lüneburg. Mit seiner Arbeitsgruppe erforscht er unter anderem, wie sich Arzneiwirkstoffe chemisch so verändern lassen, dass sie bei gleicher Wirksamkeit weniger Umweltrisiken bergen.

Abbaubare statt stabile Inhaltsstoffe

Bei der Entwicklung dürfe es nicht darum gehen, Wirkstoffe möglichst stabil zu machen. "Die Frage ist: Wo müssen sie stabil sein?", erläutert Kümmerer. Auch unter den heute verfügbaren Medikamenten gebe es zahlreiche mit gut abbaubaren Inhaltsstoffen, zum Beispiel Antibiotika, die erst kurz vor der Einnahme in Wasser gelöst und dann nur wenige Tage im Kühlschrank haltbar seien.
Kümmerer ist vorsichtig optimistisch, dass die Umweltwirkung im Zuge aktueller Nachhaltigkeitsdebatten auch bei Medikamenten in Zukunft eine größere Rolle spielen wird. Schließlich könne das Label "grün" in einem umkämpften Markt auch zum Marketing-Argument werden.
Für ein solches Umdenken ist auch der Verbraucher gefragt. Medikamentenverzicht kann sicher nur in Ausnahmefällen eine Lösung sein, ein verantwortungsbewusster Umgang aber immer.
Dazu gehört, Medikamente sachgerecht zu entsorgen. Das heißt, sie nicht in die Toilette zu werfen, sondern zumindest in den Hausmüll, mit dem sie dann verbrannt werden.
Besser noch wäre es nach Ansicht vieler Experten, das Entsorgungssystem über die Apotheken wieder einzuführen, das 2009 abgeschafft wurde. Auch die Entwicklung angemessener Packungsgrößen und verbesserter Darreichungsformen mit geringeren Wirkstoffdosen und nicht zuletzt die Prävention von Erkrankungen könnten dazu beitragen, die Belastung der Gewässer deutlich zu reduzieren.
dpa/oc
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Quelle: dapdNach Zahlen der Techniker Krankenkasse werden immer mehr Kinder mit Psychopharmaka behandelt. Deutschlandweit gehen Experten von bis zu 400.000 Rezepten pro Jahr aus, vor allem gegen ADHS.


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