Schwingung und Schöpfung – Interview mit Alexander Lauterwasser
Ist Schwingung das Schöpfungsprinzip? Ist das Universum nichts als Klang und Resonanz? Der Schwingungsforscher Alexander Lauterwasser hat dieser und anderen Fragen nachgespürt.
Seit 20 Jahren erforscht und gestaltet er verschiedenste Schwingungsphänomene. Bekannt wurde er mit seinen Wasser-Klang-Bildern, welche in einer berauschend schönen Formenwelt den Dialog von Wasser und verschiedenen Schwingungen und Tönen sichtbar machen. Die dabei zutage tretenden geometrischen Klangbilder weisen starke Ähnlichkeit mit Formen auf, die wir auch in der Natur überall wiederfinden: von der Galaxie, über Blumen und Tiere bis hinab in die DNA – aber auch in heiligen Symbolen und Mandalas.
Das Geheimnis der Schildkröte
Es begann mit einer Schildkröte. Im Alter von zwölf Jahren lief Alexander Lauterwasser bei einem Waldspaziergang eine Schildkröte zu – eine folgenreiche Begegnung, die sein Leben nachhaltig beeinflussen sollte. Denn Lauterwasser entdeckte seine Faszination für diese Tiere, wurde zum Züchter und lebt mittlerweile mit etwa 40 Schildkröten zusammen. Eines Tages entdeckte er dann zufällig die sogenannten Chladnischen Klangfiguren – Formen, die durch die Wechselwirkung von Einzeltönen und mit Sand bestreuten Metallplatten entstehen. Eine Struktur, die als Schwingungsbild erschien, zeigte enge Verwandtschaft mit dem Aufbau und Muster von Schildkrötenpanzern, die Lauterwasser schon seit so vielen Jahren faszinierten. Wieso haben fast alle Schildkröten auf allen Kontinenten das gleiche Muster? Wie macht die Natur das? Was bedeutet es? Und wie kommt es zu der Ähnlichkeit zwischen dem Schildkröten-Muster und den Klang-Figuren von Chladni? Konnte es sein, dass Schwingung die wahre Grundlage der Schöpfung und Formbildung ist? Was würde das bedeuten?
Lauterwasser begab sich auf eine Entdeckungsreise, die ihn immer tiefer in die Mysterien von Klang und Schwingung führte. Nach jahrelangem Studium der Chladnischen Klangfiguren ging er schließlich dazu über, die Auswirkungen komplexerer Klänge und bewegter Musik auf das sensibel antwortende Medium Wasser zu erforschen – ein Forschungsgebiet namens Kymatik, das auf den Schweizer Naturforscher Hans Jenny zurückgeht.Lauterwassers Performances, Bücher und DVDs zu diesen „Wasserklangbildern“ machten ihn weltbekannt. Im letzten Jahr veröffentlichte er sein Buch „Das Geheimnis der Schildkröte“, welches die tieferen, philosophischen Aspekte seiner Forschungen betrachtet. SEIN hat Alexander Lauterwasser interviewt.
Herr Lauterwasser, Mystiker vieler Traditionen sagen uns schon seit Jahrtausenden: Alles ist Schwingung. Die Quantenphysik scheint nach und nach zu ähnlichen Ergebnissen zu kommen – sie erklärt heute die feste Materie ebenfalls mit kohärenten Schwingungsmustern. Sie erfahren in ihrer Arbeit täglich, wie Schwingung Form hervorbringt – hat ihre Arbeit ihr Weltbild verändert?
Zunächst mal ist es so, dass mich – durch die Beschäftigung mit der Schildkröte und allgemeinen morphogenetischen Fragen – die Antwortmodelle, die uns Biologie, Zoologie und andere Wissenschaften angeboten haben, die haben mich einfach nicht befriedigt. Denn diese erklärten lange Zeit die Entstehung einer Form, einer Gestalt oder auch eines ganzen Organismus nur additiv aus der Summe von Einzelteilen und das ist ein Bild, das mich innerlich immer sehr unzufrieden gemacht hat. Im Zuge der Arbeit mit der Schwingung konnte sich dann zumindest einmal zeigen, dass es parallel zu einer organischen Struktur in der Natur auch in einem ganzheitlich sich bewegenen Schwingungsprozess ein Muster gibt, das genau dieser organischen Struktur entspricht.
Die Biologie will uns ja weißmachen: „Das ist alles nur Zufallsmutation, und durch gelungene Selektion bleiben bestimmte Muster“. Die Entstehung eines Musters hat also gar keine Verankerung mehr in einem anderen Bedeutungszusammenhang. Aber meine Experimente haben mir gezeigt, dass schwingungsähnliche Vorgänge als organisierende Kräfte wohlmöglich eine ganz zentrale Rolle spielen. Und das ist ja auch genau das, was uns die moderne Quantenphysik aufzeigt: Dass selbst unsere Materie mit ihren gesamten Strukturen sozusagen auf einer tieferen Schicht basiert, wo alles Schwingung ist und dass diese Schwingung kohärent ist, also einheitlich-dynamisch per Interferenzen schwingt – und daraus entsteht Gestalt. Die Form von Materie oder des Weltalls folgt also der Schwingung. Das Primäre ist ein kohärent schwingender Prozess einer immateriellen Realität.
Wenn man da jetzt noch Hans-Peter Dürr dazunimmt, dann spricht dieser ja immer von einem quasi-immateriellen „Weltenhintergrund“ und das ist die Ebene, wo alles Prozess ist, wo alles Schwingung ist.
Wieso hat unsere abendländische Wissenschaft die Schwingung lange Zeit überhaupt so dermaßen aus den Augen verloren? Bis zu Kepler galt doch auch hier die Schwingung oder gar Musik als eine universelle Kraft, als das Ur-Prinzip der Schöpfung. (siehe auch Pythagoras)
Das hat sehr viel zu tun mit abendländischer Geistesgeschichte überhaupt, weil wir im Abendland mit Aristoteles den heraklitischen Ansatz, dass alles im Fluss ist, dass alles Bewegung ist, verabschiedet haben zugunsten von Parmenides, der Sein als „Seiendes“, also als ein eher „Bleibendes“, definierte und nicht als „Werdendes“. Und wir – Hegel hat das mal so schön formuliert – es eigentlich verlernt haben „Bewegliches beweglich zu denken“.
Diese Neigung zur Eliminierung des dynamischen Aspekts von allen Phänomenen hat sich in der Neuzeit zunächst noch vehementer in unseren Denkweisen ausgebreitet und zwar auf die Weise, dass immer mehr abhandengekommen ist und es uns unmöglich wurde, diesen Aspekt noch adäquat zu denken und die Phänomene, die uns in der Natur begegnen, aus der Bewegung heraus zu verstehen. Es hängt damit zusammen: Wollen wir die Welt eher statisch zu greifen und zu fassen versuchen, oder wollen wir eine andere Art des Verständnisses entwickeln?
Kehren wir nach einem Ausflug in den mechanischen Materialismus langsam zur Schwingung zurück?
Ich denke, dass das allgemein deutlich wird. Selbst die neuesten Entwicklungen in der Biologie, die sogenannte Epigenetik – dass ist ja atemberaubend, was man da liest! Dass heute führende Genetiker feststellen, dass das, was noch vor wenigen Jahren in unserem genetischen Modell als „Wahrheit“ galt, als unumstößliche Realität, dass dies alles in Fluss gerät. Dass selbst unser genetisches Material viel, viel dynamischer ist, viel dialogischer ist. In Rückkopplung mit neurologischen Prozessen, mit Umwelteinflüssen, mit Eindrücken und Erfahrungen bis hinunter zu der Nahrung, die man zu sich nimmt oder nicht – das alles hat einen dynamischen Einfluss auf unsere Gen-Substanz. Das ist ein Bereich, wo man sieht: Bisher hat man in unbeweglich-festen Blöcken gedacht und jetzt merkt man – das ist alles viel prozesshafter, viel dialogischer oder resonanzfähiger, oder wie auch immer man das nun nennen möchte. So gibt es viele Beispiele, an denen man zeigen kann, dass das Element der Bewegung und damit der Schwingung in den Blickpunkt des Interesses gerät.
Und das Element der Interdependenz, der gegenseitigen Abhängigkeit – das ist ja bei Schwingungsprozessen sehr wichtig, dass immer alles aufeinander zurückwirkt.
Genau!
Es ist ein nicht ganz einfaches Thema, aber könnten sie unseren Lesern kurz erklären, warum der Goldene Schnitt und die Fibonacci-Zahlen von so entscheidender Bedeutung für die Schöpfung und das Leben auf der Erde sind?
Wir haben ja alle in der Schule gelernt, dass wenn wir eine Strecke nehmen und sie im Verhältnis des Goldenen Schnitts in einen kleinen und einen größeren Abschnitt teilen, dann verhält sich der kleine Teil zum größeren, wie der große Teil zum ursprünglichen Ganzen. Das ist der Goldene Schnitt ohne eine mathematische Formel: das kleinere zum größeren, wie das größere zum ursprünglichen Ganzen.
Wenn man dies nun philosophisch vertieft, dann heißt das: Bei jeder anderen Teilung einer Ganzheit geht die ursprüngliche Ganzheit verloren, sie wird zerteilt. Der Goldene Schnitt scheint die einzige Teilungsproportion zu sein, in der, im Verhältnis der einzelnen Teile zueinander, das Ganze immer noch präsent und wirksam ist. Oder: Der Goldene Schnitt ist die einzige Teilung, bei der die Teile immer noch in Resonanz zum Ganzen stehen.
Und das scheint mir ein entscheidendes Phänomen des Prinzips „Leben“ zu sein: Dass ein lebendiger Organismus nur so lange lebensfähig oder gesund oder entwicklungsfähig ist, als er sich nicht gegenüber dem Rest, gegenüber dem Ganzen, abschottet, sondern immer noch offen ist für Bezüge auf das Ganze. Wenn das verloren geht oder gestört wird, wird ein Organismus krank, ob das nun auf der organischen, der seelischen oder der Bewusstseins-Ebene ist. Und deshalb ist der Goldene Schnitt für mich so ein entscheidendes und ungeheuer wichtiges Prinzip, weil er immer Resonanz zwischen Teil und Ganzem darstellt und repräsentiert.
Und Fibonacci war ein Naturforscher, der eine ganz bestimmte Zahlenreihe entdeckt hat, bei der durch die Addition von zwei Zahlen die jeweils nächste entsteht. (1,1,2,3,5,8,13,21,34…). Wenn man zwei aufeinanderfolgende Zahlen durcheinander dividiert, dann erhält man immer einen ähnlichen Wert, der sich bei fortschreitender Zahlenreihe immer mehr dem Teilungsverhältnis des Goldenen Schnitts nähert. (1,618 …)
Die Zahl Phi…
Ja, das ist die Zahl Phi, die zusammen mit der Zahl Pi, die wichtigste Zahl ist, die es in der Natur zu geben scheint. Ein faszinierendes Phänomen. Sogar in der Chaosforschung meint man herausgefunden zu haben (Friedrich Cramer), dass wenn man eine Übergangszone zwischen Ordnung und Chaos bestimmt, dann liegt diese Trennlinie genau entsprechend dem Verhältnis des Goldenen Schnitts. So wird die Ordnung nie völlig gegenüber dem Chaos abgeschottet, aber auch nie völlig ins Chaos aufgelöst. Also eine Grenzzone zwischen Ordnung und Chaos im Sinne von Prozess. Heute taucht der goldene Schnitt, der lange Zeit belächelt worden ist, nun in vielen wissenschaftlichen Publikationen wieder auf. Und auch wenn man analysiert wie der Blütenboden einer Sonnenblume aufgebaut ist, dann ist das genau nach dem Prinzip des Goldenen Schnitts.
Genau wie alle unsere Gelenke
Zum Beispiel, ja.
Und unser Bauchnabel liegt auch im Goldenen Schnitt
Ja. Und die Naturwissenschaft kann das nicht mehr abtun als „esoterisches Geschwafel“, das ist knallharte Wissenschaft. Unsere Wissenschaft kann uns heute zeigen: Der wundervolle Blütenboden der Sonnenblume kann nur so entstehen, durch die gültige Wirksamkeit des Prinzips des Goldenen Schnitts.
Wenn die ganze Natur es tut, dann wäre es wohl auch dem Menschen angeraten, sich ein bisschen daran zu orientieren?
Genau.
In einem Interview sagten Sie einmal, die doppelte Spirale sei wohlmöglich die Urform des Universums. Insgesamt vermuten sie, es gäbe einen „Ur-Formenkanon der Welt, aus dem die Natur Atome, Kristalle, Blüten, Organismen) und der geistig tätige Mensch (wissenschaftlich: Mathematik, Physik; künstlerisch: Malerei, Architektur usw.) schöpfen“. Könnten sie dies erläutern?
Das mit der „Urform“ ist eine falsche Wiedergabe, ich würde sagen: Sie ist die universellste Form im Universum. Die Spirale ist das Prinzip im innersten all unserer Zellen: Bis zur Doppelhelix der DNA im Kern sind alle entscheidenden Ordnungs-Muster Spiralstrukturen. Dann im mittleren Bereich die Blüten und Pflanzen, wo sie überall auftaucht, bis in den Makro-Bereich als Form der Galaxien. Also eine ganz entscheidende Form und man kann sich natürlich fragen warum. Was ist da?
Ich halte es immer für sehr fruchtbar und anregend, zu fragen: Was kann eigentlich eine Form? Oder: Was kann und tut die Natur in der Form und was in einer anderen Prozessgestalt? Und da glaube ich, dass man sagen kann: Wo die Natur versucht, Gegensätze oder Polaritäten miteinander in einen Prozess zu bringen, in einen Dialog oder gar eine Integration zu realisieren, dort scheint ihr das in der Prozessgestalt der Spirale am Optimalsten zu gelingen. Das ist schon am Wettergeschehen abzulesen: Hoch- und Tiefdruckgebiete sind gegenläufige Spiralbewegungen im Ausgleichsgeschehen zwischen eiskalten und heißen Luftmassen. Meine Idee dazu ist: Die Spirale ist die entscheidende Integrationsstruktur in unserem Weltall.
Wenn die Spirale nun überall auftaucht: in Galaxien, in organischen Strukturen in Blüten oder in Tieren und auch in der Kunst spielt die Spirale ja eine große Rolle, dann habe ich halt mal in einem Vortrag formuliert: Vielleicht gibt es einen Ur-Formenkanon der Welt, aus dem sowohl die physikalischen Formen, die organischen Formen als auch die Formprinzipien des kreativen Geistes des Menschen schöpfen. Die Spirale ist dabei nur ein Formbeispiel.
Was könnte denn dieser Urformen-Kanon sein? Und wie kommt es, dass der menschliche Geist Zugang dazu hat?
Weil dass Bewusstsein des Menschen, da wo es seine besten Möglichkeiten entwickelt letztlich ein Resonanzorgan ist! Das können sie in den Biografien aller großen Künstler und Wissenschaftler nachlesen. Alle, die ehrlich waren, haben das sehr tief empfunden und zum Ausdruck gebracht. Nie hätte jemand gesagt: „Ich habe eine Idee gemacht. Das ist meine Idee, die habe ich gemacht.“ Nein! Ideen kommen.
Nämlich dann, wenn wir in Resonanz stehen?
Genau! Wenn wir in der Lage waren, unser Wachbewusstsein in eine optimale Resonanzbereitschaft zu bringen. Dann kann uns ein „Licht aufgehen“. Es ist naiv, wie wir heute denken. Als hätten wir eine Gedankenfabrik im Kopf: Nicht „mir geht ein Licht auf“, sondern „ich habe Licht gemacht“ – das sagen Menschen, die sich für besonders schlau halten, aber das hat nicht viel mit Bewusstsein zu tun. Das Bewusstsein in seiner höchsten Form ist ein Resonanzphänomen. Und dann sagen wir auch sehr schön „Ich habe einen Einfall.“ Ein grandioses Wort! „Ich habe einen Einfall!“
Es fiel in mich ein …
Ja. Es kommt von wo ganz anders her und fällt in mich ein. Fantastisch!
Wir haben nun über Schwingungen allgemein gesprochen. Sie arbeiten ja viel mit Musik. Musik scheint den Menschen von allen Kunstformen am meisten zu berühren, auch vielen Philosophen galt sie als dem Göttlichen am nächsten. Wenn ich Sie richtig verstehe, vermuten Sie, dass in rhythmischen Schwingungen – also Musik im weitesten Sinne – die Ur-Kräfte der Schöpfung verborgen wirksam sein könnten. Musik als Schöpfungsprinzip? Was sind diese Ur-Kräfte und wie wirken sie durch Musik?
Zunächst mal: Schöpfung heißt Gestaltbildung, Schöpfung heißt, wenn wir es auf das Ganze beziehen, der Beginn der Welt, unter dem Aspekt von Raum, Gestalt und Form, aber eben auch von Zeit. Alles, was ist, ist in der Zeit und Musik ist vielleicht diejenige Kunst, welche die Zeit selbst am subtilsten gestaltet. Der Maler gestaltet mit Farbe Strukturen und der Bildhauer gestaltet Stein, aber Musik ist die faszinierende Aktivität des Menschen, die den Prozess der Zeit selbst zu gestalten versucht.
Also könnte man sagen: Musik gestaltet Zeit, Kunst gestaltet Raum?
Ja, das könnte man so sagen. Denn ein Gemälde ist ja, wenn es fertig ist, räumlich und es bleibt so. Ein Bild können sie auch am nächsten Tag noch ansehen. Damit Musik erscheinen kann, muss sie jedes Mal neu in der Zeit verwirklicht und gestaltet werden. Und somit ist Musik ein gestaltender Prozess in der Zeit und gestaltet somit die Zeit selbst mit. Das kennen wir alle: Wenn uns ein Musikstück besonders berührt, dann erleben wir diese Zeit in einer vollkommen anderen Art und Weise. Dann kriegt für uns die Dimension der Zeit einen ganz anderen Aspekt und auch einen ganz anderen Wirklichkeitscharakter.
Insofern könnte man sagen, Schöpfung ist Gestaltbildung. Und ich habe es für mich so formuliert: Alle Formen und Gestalten, die uns in dieser Welt begegnen, sei es nun ein Tier, ein Baum oder sonst irgendetwas, sind geronnene Gesten einer sich in der Zeit vollziehenden Bewegung. Alle Formen und Gestalten sind geronnene Gesten einer sich in der Zeit vollziehenden Bewegung. Es sind also Zeitgestalten. Insofern ist Musik mit ihren ganzen inneren Gesetzmäßigkeiten, nicht dem gewordenen, fertigen Kunstwerk am nächsten, sondern den Werdensprozessen oder den gestaltenden Prozessen.
Aber Musik gestaltet ja auch selbst. Wie sie in ihrer Arbeit ja zeigen, gestaltet die Musik, wenn sie auf Materie trifft, bestimmte Formen, ja nachdem welche „Geste“ sie hat.
Genau. Das, was ich gerade versucht habe als ein universelles Prinzip zu formulieren, versuche ich ja in meinen ganz simplen physikalischen Experimenten ansatzweise auf einer ganz einfachen Ebene zu zeigen: Schaut her, hier kann man miterleben, wie es aussieht, wenn eine stoffliche Substanz – seien es nun Sandkörner oder Wasser oder andere Flüssigkeiten – durch einen Schwingungsprozess ergriffen werden. Es ist ja ganz wichtig: Gestaltung setzt Bewegung voraus, aus der Starre und der Trägheit kommt keine Gestaltung. Die Schwingung bringt eine Energie in den Stoff, so dass dieser „wachgerüttelt“ wird oder in Bewegung kommt. Und wenn diese Bewegung dann nicht chaotisch ist, sondern in Resonanz steht, dann entsteht Gestalt.
Also könnte man sagen: Jede existierende Form und jedes Leben ist „gestaltgewordene Resonanz“ zu der klanglichen „Ur-Schöpfergeste“?
So könnte man das sagen. Novalis hat sehr schön gesagt – das habe ich ja auch als Untertitel meines Buches genommen: „Die schöpferische Musik des Weltalls“. Novalis hat das schon sehr tief empfunden: „Könnten nicht alle Formen und Strukturen angehaltene Bewegungen sein?“ Also auch da: Formen und Gestalten als geronnene Gesten, geronnene Bewegungsprozesse. Das ist ein ganz grandioser Gedanke.
Und geronnene Resonanzprozesse …
Ja. Auch Kepler war ja durchdrungen davon, die ganzen Planeten-Proportionen und -abstände – deshalb hat er sein Buch ja „Harmonices Mundi – Die Harmonien der Welt“ – und das waren primär und vor allem auch musikalische Intervall-Harmonien.
In der Nachfolge gab es ja auch das Buch „Die kosmische Okatave“ von Hans Cousto …
Ja, Cousto hat auch die Umlaufbahnen der Planeten ausgerechnet und in Intervallverhältnisse gesetzt. Eine interessante Sache.
In der indischen Mythologie gibt es ja den Ur-Klang „AUM“ und die Idee dahinter ist, dass die Schöpfung von einem Ur-Klang ausgeht, in Resonanz zu dem die Schöpfung entsteht. Dass also diese schwingende Bewegung die Schöpfung in die Existenz bringt. Würde das mit ihrem Weltbild ungefähr übereinstimmen?
Ja. So könnte man das sagen. Und wenn man sich das mal unbefangen von einer anderen Seite her anschaut, dann ist auch unsere Astrophysik gar nicht so weit weg davon. Urknall ist ja auch ein akustisches Phänomen. Bloß denken wir es immer noch, typisch abendländisch, destruktiv-explosiv. Wir denken an Knall und daran wie alles explodiert und auseinanderfliegt. Inzwischen heißt es sehr schön, dass diese Schwingungen, die vom Urknall ausgehen, das Weltall formen – nicht deformieren, sondern formen. Und es gibt moderne Sonden, welche die Hintergrundstrahlung des Universums abtasten und da wird dann gesprochen vom „Echo des Urknalls“ – und auch da haben sie musikalische Ordnungsstrukturen entdeckt.
Und die Inder mit ihrem „OM“ – das sind alles faszinierende Umkreisungen eines ganz zentralen Motivs. Jetzt warten wir noch ein paar Jahre und dann zeigen uns auch unsere Astrophysiker den Ur-Laut. So gibt es ja auch Teleskope, die schauen nicht das Licht an, sondern es sind Radioteleskope, die auf einer quasi-akustischen Ebene arbeiten. Und da gibt es dann faszinierende Phänomene wie z.B. die Pulsare, die in einem ganz bestimmten Rhythmus pulsieren, der für jeden Stern anders ist – jeder hat da seine eigene, rein akkustische Signatur.
Fast alle spirituelle Traditionen arbeiten mit Heiligen Symbolen, mit Klängen, Mantren und Gesängen. Halten sie es für möglich, dass ein tieferes Verständnis von Klang, Form und Resonanz eines Tages wissenschaftliche Erklärungen und Beweise für die Wirksamkeit solcher Praktiken ermöglicht?
Wenn man die Theoriemodelle der Neurowissenschaft betrachtet, so kann man sehr schön feststellen, dass früher sehr viel mehr von Signalen einzelner Nervenzellen ausgegangen wurde, die sich dann auch noch vielleicht verbinden. Neuere Ansätze gehen in die Richtung, dass die Synchronisierung, dass übergeordnete Schwingungseinheiten ganz verschiedener Bereiche unseres Gehirns die vermutlich entscheidenderen Prozesse sind, die das Phänomen Bewusstsein und Bewusstheit bestimmen (vgl. Interview mit Wolf Singher in: Spektrum der Wissenschaft 9.2009, S. 74ff). Also das Phänomen des Bewusstseins als Prozess synchroner Schwingungsabläufe, das ist ein Modell, was sich durchzusetzen scheint. Und wenn man jetzt genau schaut, dann sind all diese alten Riten mit Mantras, Mandalas usw. ja Versuche – wenn man es nicht rein mechanisch macht, sondern sich „einschwingt“, einstimmt – die Bewusstseinsprozesse unserer alltäglichen Zerstreutheit zunächst mal zur Ruhe zu bringen. Sie zu sammeln, zu ordnen, zu strukturieren, bis hin dazu, sie im Optimum zu einer einheitlichen Schwingung zu bringen.
Also die Bemühung, sich wieder mit der Schöpfung in Resonanz zu bringen?
Ja, genau! Diese ganzen Mandalas und Meditationsschaubilder, die wir da haben, sind ja Versuche, das Chaos unseres Alltagsbewusstseins in eine neue Struktur zu bringen, damit sich eine neue Resonanz entwickeln kann. Von daher betrachtet, denke ich, können diese Praktiken durchaus Sinn machen. Das Entscheidende bei allen Ritualen ist aber, dass man sie nicht nur äußerlich macht – ob dass nun der Rosenkranz ist, den man herunterbetet, oder die Gebetsmühle, die man in Gang setzt und glaubt, ‚das macht dann schon alles für mich‘, – so geht’s natürlich nicht, sondern man muss sich schon in einer inneren Konzentration und Ernsthaftigkeit bemühen, die eigenen inneren chaotischen Prozesse durch diese äußeren Anregungen in neue Ordnung zu bringen. Und daraus würde dann Resonanz möglich sein.
Bewusste Ausrichtung ist also das Entscheidende.
Ja, genau. Das sind ja Hilfen, das sind Wegweiser, damit uns dies besser gelingt.
Sehen Sie Parallelen zu den Formen in ihrer Arbeit zu heiligen Symbolen, etwa Mandalas oder der „Blume des Lebens“, die ja in esoterischen Kreisen als Grundform der Schöpfung gehandelt wird?
Ja, wenn sie meine Bücher, wie zum Beispiel „Wasserklangbilder“ kennen, dann gibt es dort ja viele Bilder von stehenden Wellen. Stehende Wellen sind ja ohne hin schon etwas, was unser Verstand nur sehr schwer oder gar nicht kapiert, dass nämlich aus einer totalen Dynamik und Vibration heraus, plötzlich eine Ordnung zweiter Ebene hervorgehen kann. Dass sich aus der totalen Bewegtheit heraus eine Ruhe entfaltet.
Bewegte Ruhe sozusagen?
Nein, nein! Wenn Sie sich das anschauen, da taucht aus einer Vielzahl von Bewegungen, aus totaler Bewegtheit wirklich eine höhere zweite Ordnung auf, die nichts mit Trägheit und Passivität und Starre zu tun hat, sondern aus der totalen Bewegtheit entsteht. Die unterschiedlichen Wellenbewegungen stören sich nicht gegenseitig, sondern formieren sich zu einem einheitlich schwingenden Ganzen. Und da gibt es sehr viele Phänomene, Formen und Strukturen, die sie sehr stark an Mandalas oder viele alte Symbole erinnern. Sie sind nicht unbedingt identisch, aber es gibt eine starke Ähnlichkeit des inneren Aufbaus.
Die Blume des Lebens zum Beispiel habe ich aber in ihrer Arbeit aber nicht entdecken können.
Nein, die setzt sich ja zusammen aus vielen Kreisstrukturen und ist bei mir tatsächlich in der Form noch nicht aufgetaucht.
Ihre Arbeit beweist: Wasser ist sehr empfänglich für Resonanzphänomene. Was bedeutet das für uns als Lebewesen, die zu einem Großteil aus Wasser bestehen? Wie denken sie zum Beispiel über Klangmedizin?
Also zunächst mal scheint Wasser – und das formuliert man ja inzwischen auch in der Quantenphysik so ähnlich – die Verbindung mit der größten Resonanzbereitschaft und -fähigkeit zu sein. Nicht ohne Grund sprechen wir manchmal vom „Beton- oder Holzkopf“ – das wäre das Gegenteil, der überhaupt nicht bereit ist, sich zu öffnen oder mitzuschwingen. Und am anderen Ende dieser Skala wäre eben das Wasser, dass sich ungeheuer gerne Schwingungsimpulsen erschließt, sie in sich zur Geltung kommen lässt und dann mit verschiedenen Strömungs- oder Wellenbewegungen darauf antwortet.
Da unser Körper zum Großteil aus Wasser besteht, kann man allein schon mal auf der Ebene des Wasseranteils vermuten oder annehmen, dass eine Klangtherapie – in welcher Form auch immer – auf jeden Fall einen Einfluss hat. Wie jetzt so etwas gezielt eingesetzt werden könnte und wie und warum, da kann ich nichts dazu sagen, da habe ich mich zu wenig damit beschäftigt. Auf jeden Fall lässt sich das Flüssige in unserem Körper durch diese Einwirkungen von außen in Resonanz bringen und bewegen. Jetzt wäre es die Kunst einer Klangmedizin oder Klangmassage, dass man eben lernt, bei was für einem Krankheitsbild sich was für ein Typus Klang am besten auswirkt. Das ist vielleicht auch ganz individuell verschieden, mit was für einer Art Klang ein Mensch wieder mehr einen Zugang zu sich selbst findet, mit was für Tönen. Aber vom Prinzip her würde ich sagen, ja, das kann helfen, wobei ich da weniger nur das Wässrige des Körpers sehe, sondern betonen würde, dass bei diesen Klangtherapien auch der Einfluss auf der seelischen und Bewusstseinsebene ganz entscheidend mit dazukommt.
Aber müsste eine solche Klangmedizin nicht vielmehr den Ton des Menschen treffen? Da Resonanz immer ein dialogisches Phänomen zwischen zwei Dingen ist, wäre es doch eigentlich nicht logisch anzunehmen, dass derselbe Ton auch auf alle Menschen gleich wirkt …
Ja, richtig. Ich bin kein Mediziner und möchte mich da auch nicht einmischen, aber von meinem Verständnis her ist das schon eine Frage. Wenn man nun sagt: die Leber hat die und die Schwingung und ein anders Organ hat die Frequenz – trifft das wirklich für alle sechs Milliarden Menschen zu, dass die Leber jedes Menschen tatsächlich mit der gleichen Frequenz korrespondiert? Oder könnte es sein, dass das viel stärker individuell akzentuiert ist und es da ganz große Unterschiede gibt, die ja nicht unbedingt riesig sein müssen? Es könnte sein, dass das noch zu vereinfachend und mechanisch gedacht ist. Ganz zu schweigen von dem seelisch-geistigen, inneren Ton eines Menschen, der Eigenschwingung – die geht weit über das Phänomen eines einzelnen Tones hinaus.
Wobei es doch Untersuchungen gibt, die das Wachstum von Pflanzen unter dem Einfluss verschiedener Musik untersuchen. Dabei haben sich immer sehr harmonische, geordnete Musiken wie Haydn, Mozart oder Bach…
und Ravi Shankar haben sie auch schon genommen …
… als sehr förderlich erwiesen. Ich weiß allerdings nicht, inwiefern diese Forschung im akademischen Bereich angekommen ist, oder ob es sich dabei immer noch um Grenzwissenschaft handelt. Haben sie sich damit mal beschäftigt?
Noch nicht, das muss und will ich in nächster Zeit intensiver tun. Da gibt es durchaus mittlerweile Untersuchungen an wissenschaftlichen Instituten. Aber ich weiß nicht, ob es so ist, dass es für die Pflanze X eine ganz bestimmte Frequenz gibt, wo sie besonders anspricht oder ob es Musiken und andere viel komplexere Klangspektren sind oder Intervalle oder Mehrfach-Akkorde oder sonst irgendetwas, was viel näher an der Ebene einer Eigenschwingung eines ganzen Organismus oder einer Persönlichkeit wäre. Das ist viel, viel komplexer.
Ich werde immer bei Vorträgen gefragt: „Und welche Frequenz macht jetzt ein Gänseblümchen?“ Man neigt zu so einer vereinfachten Sicht. Aber selbst bei einem Gänseblümchen laufen so viele komplexe Prozesse gleichzeitig ab, Form, Wachstum, Farbe, was da alles dazugehört. Wollte man ein Gänseblümchen vom Modell her in Korrespondenz setzen zu einem Phänomen von Schwingung, dann wären da mindestens zwei Sätze einer Beethoven-Symphonie notwendig. So würde ich das einfach mal formulieren. Das ist unendlich viel komplexer, nicht eine einzelne Frequenz kann das und das.
Es schläft ein Lied in allen Dingen?
Ja, aber eben ein Lied und nicht ein einfacher Ton.
Soweit ich richtig informiert bin, ist Wasser für die Wissenschaft noch immer ein Rätsel. Eigentlich weiß die Wissenschaft immer noch nicht, wie Wasser funktioniert, zum Beispiel wie genau seine Struktur in den verschiedenen Aggregatzuständen ist. Warum ist das Wasser so geheimnisvoll?
Da habe ich nicht die Antwort. Aber in der Chemie ist das allererste Etikett, dass man dem Wasser umhängt: Anomalien. Denn wir haben da das faszinierende und viel zu wenig berücksichtigte Phänomen, dass, wenn sie das Periodensystem der Elemente nehmen und sie wollen jetzt eine Verbindung aus zwei Elementen herstellen, dann kann Ihnen ein Chemiker heute schon von der Theorie her in etwa sagen, bei welcher Temperatur diese neue Verbindung schmelzen wird, wo sie verdampft, was sie für ein spezifisches Gewicht hat usw. Alle möglichen physikalischen Eigenschaften lassen sich allein aus dem Periodensystem theoretisch errechnen. Aber jetzt fragen Sie den Chemiker: Nimm mal H2 und O und sag mir mal, wo kocht das, wo gefriert das, was hat das für ein spezifisches Gewicht. Dann wird er das seinem Modell nach ausrechnen und bekommt dann bestimmte Werte, wo das Wasser in Übereinstimmung mit allem anderen eigentlich kochen müsste; und dann bringt er das Wasser zum Kochen und hält das Thermometer hinein, und es ist was vollkommen anderes. Das ist die Sprengkraft, die eigentlich hinter diesem Phänomen „Anomalien des Wassers“ steckt: Dass wir hier eine Verbindung vor uns haben, welche eigentlich die gesamte Gültigkeit unserer sonstigen Herangehensweise an das System der Elemente sprengt!
Wenn man das jetzt philosophisch vertiefend weiterdenkt, dann könnte das heißen: Alle Werte des Wassers sind anders als theoretisch errechnet, das Wasser ist deswegen anormal, macht deshalb alles anders, weil in dieser Verbindung H2O noch etwas ganz, ganz anderes wirksam ist, was über die Dimension unserer anderen chemischen Verbindungen hinausgeht.
Es wird ja auch als das Elixier des Lebens betrachtet …
Genau, gerade wollte ich es sagen! Das hat vielleicht etwas zu tun mit dem viel größeren Geheimnis der Lebendigkeit selbst. Für die knallharten Physiker und Chemiker – und das sind die Leitwissenschaften, die unser Weltbild immer noch bestimmen – stellt das Lebendige im Weltall ja die größte Anomalie dar, die man sich überhaupt vorstellen kann!
Vielleicht ist das Wasser also selber schon nicht mehr nur eine rein chemische Verbindung, sondern vielleicht ist im Wasser schon etwas quasi-Lebendiges mit enthalten. Das Wasser spielt also deshalb so eine wichtige Rolle für das Leben, weil es, obwohl es eine chemische Verbindung ist, etwas aus einer anderen Dimension in sich zur Wirkung kommen lassen kann. Was keine andere Verbindung in der Form kann – und das hat was mit Leben zu tun.
Es gibt ja seit Jahren einen regelrechten Hype um die Wasserkristall-Bilder von Herrn Emoto– dessen Ergebnisse nach meinem Wissensstand jedoch von niemandem reproduziert werden konnten. Was halten sie von seinen Versuchen? Rein ästhetisch gibt es ja gewisse Ähnlichkeiten – beides sind ja „Wasserbilder“.
Nun ja, bei ihm sind es ja gefrorene Kristalle, bei mir sind es festgehaltene Bilder aus total bewegtem, flüssigen Wasser. Das ist schon mal ein grundlegender Unterschied, er gefriert ja einzelne Wassertropfen und dann bilden sich bei diesem Schockgefrierprozess einzelne Kristalle, die er mit einem Mikroskop fotografiert. Ich denke, dass die Methode an sich ein weiterer, sehr interessanter Ansatz sein könnte, sich dieser Fragestellung zu nähern; ich hätte mir aber gewünscht, dass man da viel phänomenologischer vorgeht: Also erstmal eine Formensprache aufzeigt, wie verschiedene Einflüsse auf das Wasser sich in der Kristallbildung widerspiegeln, so dass man das lesen lernen kann wie eine Schrift.
Es gibt ja andere Wasserforscher, die in der Richtung arbeiten. Und dann würde ich gerne mal zehn Kristalle sehen von dem einen Wasser und zehn Kristalle von dem anderen Wasser. Zehn Kristalle von dem Glas, wo „Teufel“ draufstand, zehn Kristalle von einem Glas, wo „Geist“ draufstand oder „Liebe“. Nicht dass man einfach einen Kristall herauspickt und sagt, der ist schön – ich kenne ja auch seine Kriterien nicht – und ein anderer Kristall repräsentiert das Böse, der äußert sich als Form der Unordnung. Verstehen sie? Für mich wird da eine ganz wichtige Ebene übersprungen: Dass der Leser und Betrachter sich selbst ein Bild machen und damit Gedanken entwickeln kann.. Ich werde viel zu schnell,- für mein Empfinden – mit fertigen Resultaten und Interpretationen bedient. Das ist mir zu plakativ.
Und es gibt Bemühungen von Forschen, quasi mit dem Wasser in Dialog zu treten, also eine Formensprache zu entwickeln, wie das Wasser auf bestimmte Einflüsse reagiert und das zu katalogisieren?
Ja. Es gibt zum Beispiel das Institut für Strömungswissenschaften in Herrischried um Theodor Schwenk. „Tropfenbildmethode“ nennt sich dieses Verfahren, die auch nicht von allen knallharten Wissenschaftlern anerkannt wird, aber dort hat man zum Beispiel eine Methode entwickelt, die an Fließ- und Strömbewegungen im Wasser zeigen kann, ob das Wasser stark „lebendig“ ist oder stark mineralisiert und verschmutzt ist. Dort hat man sich eben bemüht, eine Formensprache zu entwickeln und zu zeigen: Wenn ich das und das mit dem Wasser mache, spiegelt sich das dann in den Fließbewegungen so wieder. Und dann kann ich das anschauen und kann das nachvollziehen und kann mir meine eigenen Wahrnehmungen und Gedanken dazu bilden
Es wird immer wieder über „heilige Frequenzen“ gesprochen, etwa in der sogenannten432Hz-Musik. Ist Ihnen in ihrer Arbeit irgendetwas über den Weg gelaufen, das auf die Existenz solcher „besonderer“ Frequenzen hindeutet, oder ist Resonanz immer ein Zusammenspiel vieler Faktoren, ein Dialog zwischen Schwingung und Medium und die „heilige Frequenz“ demnach immer eine andere?
Also zunächst mal ist es so, das hat auch Hans Jenny immer betont, es ist eine ganz spezifische Kopplung zwischen einwirkender Frequenz und antwortendem Medium. Wenn ich als praktisches Beispiel mal eine Frequenz X nehme und die hat in einem Wassertropfen gerade ganz wunderbar ein 5er-Muster erzeugt, und ich würde anschließend in diesen Tropfen noch ein klein bisschen Tinte oder Alkohol oder eine andere Substanz geben, dann bricht das sofort zusammen. Das heißt, es ist nicht so, dass ein Frequenz X, egal welches Medium sie nehmen, welche Tageszeit, welche Temperatur, immer inhärent die gleiche Form kreieren kann. Weil Resonanz eben ein dialogisches Phänomen ist. Das ist mal ganz klar und wichtig festzuhalten.
Viele Leute rufen mich an und wollen ein Bild der Frequenz 432 Hz, sie wollen das Bild von dem und dem Ton. Da muss ich immer sagen, es tut mir leid: DAS eine Bild von diesem Ton gibt es nicht, ich kann ihnen, wenn ich mich hinsetzen würde, 1000 machen – und diese 1000 werden alle verschieden aussehen.
Das heißt aber nicht, dass wenn ich nun eine ganze Musik habe, ein ganzes Orchester, dass nicht auf 440Hz – wobei das auch schon nicht mehr aktuell ist, die neuen Kammertöne sind ja noch viel höher gezogen – sondern auf 432Hz gestimmt ist, dass dies nicht eine vollkommen andere Wirkung auf den Zuhörer haben würde. Ich kenne eine Person, die einmal auf einen Flügel gespielt hat, der runtergesetzt war auf diese 432Hz; und ich kann nur wiedergeben, was sie gesagt hat, nämlich, dass es plötzlich auch eine ganz andere Art zu spielen war. Also meine Ergebnisse aus meinen Versuchen müssen kein Einwand sein gegen die tieferschichtige Wirkung von 432Hz-Musik, dass würde ich nicht gleich aufeinander beziehen, denn das hängt mit ganz anderen Fragestellungen zusammen. Aber es ist ganz klar festzuhalten, wenn sie solche Experimente machen, korrespondiert ein und dieselbe Frequenz mit einer Vielzahl von Formen, abhängig von der Eigenschwingung des Mediums.
Sie appellieren dafür, dass die Trennung zwischen Kunst und Wissenschaft aufgehoben wird, da die beiden ihrer Ansicht in der Natur immer zusammen gehen. In der Romantik war der Begriff des Genies ja auch immer ein übergreifender. Warum halten sie diese Trennung für falsch? Oder warum ist sie zumindest unnatürlich?
Also ich denke, das sind zwei sehr verschiedene Betätigungsfelder des Menschen, die aber irgendwo zusammen gehören. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt unserer abendländischen Krise und der Destruktivität oder den Macht- oder gar Gewaltaspekten, die in unserem Denken und in unserer Technik liegen. Diese Dinge haben alle damit etwas zu tun, dass wir in unserem technisch-instrumentellen Denken herangehen an die Welt und dabei die ganz andere Art der Begegnung mit der Welt via Kunst und den künstlerischen Aspekt des Menschen eliminiert haben, weil wir das als unwissenschaftlich, als subjektiv, als Gefühlsduselei und was weiß ich nicht alles abgetan haben. Dass wir diese Seite im Menschen zurückgedrängt haben, hat dazu geführt, dass die andere Seite, eben die instrumentell-technische, überhaupt diesen gewaltsamen, lebenszerstörerischen Aspekt bekommen hat. Das ist einer der ganz zentralen Punkte der Krise unserer Kultur und Zivilisation. Wo wir hintappen sind wir schlimmer als Elefanten in einem Porzellanladen, ob wir nun die Umweltzerstörung nehmen oder sonst irgendetwas – aber das hat mit unserem Bewusstsein zu tun! Wir gehen so mit der Natur und anderen Lebewesen um, weil wir kein adäquates Bewusstsein von der Realität dieser anderen Existenzform haben.
Und wir haben ja vorhin von der Romantik gesprochen, das ist ja hochinteressant. Zum Beispiel die naturwissenschaftlichen Arbeiten von Goethe, wo er sich mit dem Experiment und allem Möglichen auseinandergesetzt hat. Sehr tiefgehende Überlegungen und anregende Gedanken, wie die wissenschaftliche Betätigung des Menschen die Kunst mit einschließen könnte. Und wie wichtig es ist, dass diese zwei Dinge zusammenkommen.
Ich glaube Einstein hat das mal in einem Interview sehr treffend gesagt, als er gefragt wurde, was eine „Weltformel“ für ihn den beinhalten müsste. Und er hat geantwortet: Sie muss einfach und sie muss schön sein. In der reinen physikalischen Naturwissenschaft gibt es die Dimension des Ästhetischen nicht, aber für das künstlerische Empfinden des Menschen spielt das Ästhetische eine ganz große Rolle. Und Natur hat nun mal auch was mit Ästhetik zu tun. Das hat Einstein sehr schön gesagt. Und in dem Sinn, wo er sagt „einfach und schön“, da klingt schon das Empfinden mit, dass in der Natur, das was wir Kunst nennen, irgendwo schon enthalten ist. Und deswegen werden wir einen adäquaten Zugang zur Natur ohne die Aktivierung künstlerischer Prozesse in uns nicht finden.
Rein neurologisch wäre das ja die rechte und linke Gehirnhälfte, die ja grob diesen Bereichen zugeordnet werden. Und esoterisch gesehen könnte man von einem weiblichen und einem männlichen Prinzip sprechen. Und es ist ja so, dass die Wissenschaft ja lange Zeit nach einem starren Zustand gestrebt hat, also danach, einen Zustand herzustellen, in dem Wissen einfach feststeht, während die Kunst ja eigentlich das ständige Weitergehen zur nächsten Grenze ist, ein ständiger künstlerischer Prozess.
Genau, das wären alles Aspekte, die da mit hineinspielen.
Wenn sie die Welt so sehen, wie wir das hier gerade beschrieben haben, hat das auch einen praktischen Niederschlag in ihrem Leben. Haben sie eine kontemplative Praxis oder praktizieren sie Meditation?
Ja. Aber die höhere Kunst ist es, diese ruhende Intensität auch in den Alltag zu bringen. Also nicht nur in der Kammer, wo man für sich versucht Sammlung zu erreichen, sondern dass man diese Art des besonderen Wahrnehmens und Einschwingens auch in den Alltag trägt und dies nicht nur in der Kammer kann und draußen wieder verliert.
Es scheint ja vor allem eine eigene innere Stille zu sein, die uns resonanzfähig macht – wir sprachen ja vorher von den Einfällen und da wird ja häufig berichtet, dass diese in Momenten des Loslassens geschehen und eben nicht, wenn man angestrengt über etwas nachdenkt.
Ja genau. Ich nenne das um Jean Gebser zu zitieren, eine „unangestrengte Offenheit“. Aber ich muss mich öffnen. Es nutzt nichts, wenn ich mich auf die Wiese oder aufs Kanapee lege, alle Viere von mir strecke, den Mund aufmache und sage: Ich bin offen. Da kommt nichts. Offenheit hat nichts mit Passivität zu tun. Sondern Empfänglichkeit ist eine ganz besondere Art intensivster Aktivität, die aber eben anders ist. Kein „Ich will es jetzt haben“, kein verkrampftes Zwingenwollen – das geht nicht. Das ist etwas ganz, ganz anderes. Und ich finde „unangestrengte Offenheit“ trifft es sehr schön.
Können Sie noch was zu ihrem letzten Buch „Das Geheimnis der Schildkröte“ sagen?
Ja, die Schildkröte war ja überhaupt der Ausgangspunkt des Ganzen. Und nun habe ich 20 Jahre Schwingungsforschung gemacht und vor etwa zweieinhalb Jahren hatte ich das Gefühl: So, die Schildkröte hat jetzt all die Jahre geduldig gewartet, jetzt muss ich mich ihr zuwenden. Ich habe mich dann hingesetzt und dieses vielleicht viel wichtigere Buch geschrieben, das seit letztem Herbst auf dem Markt ist und wo ich versucht habe all das, was ich aus meinen Schwingungsarbeiten gelernt habe und all das, was wir hier über Bewusstsein besprochen haben, in diesem Buch umzusetzen. Es ist geschrieben in Gestalt eines Dialoges mit diesem Tier. Es ist also kein Buch über die Schildkröte, sondern sie erzählt mir von sich.
Vielen Dank für dieses inspirierende Interview!
Das Interview führte David Rotter.
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Alexander Lauterwasser
Geboren 1951 in Überlingen am Bodensee, Studium der Philosophie und Psychologie in München und Heidelberg, seit 1981 Arbeit mit Jugendlichen in der Drogentherapie.
Seit 1984 intensive Beschäftigung mit Fragen der Morphogenese und Morphologie organischer Formen, ausgehend von der Schildkröte und der besonderen Bildsprache ihres Panzers.
Seit 1993 Beschäftigung mit der Kymatik von Hans Jenny, eigene Experimente und Forschungen zu den Gestaltungsprozessen von Schwingungen, Klängen und Musik.
Vorträge und Seminare, Ausstellungen, Live-Wasser-Klang-Projektionen bei verschiedenen Konzerten.
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